Anjo Malicet-Scheidler
Rehabilitationslehrerin für Orientierung & Mobilität
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Berichte von Schulungsteilnehmern

Der Weg zum Orientierungs- und Mobilitätstraining bei Frau Scheidler

Mein Sehvermögen verschlechterte sich, bedingt durch Krankheit, in den letzten Jahren zunehmend. Vor 2 Jahren dann war es offensichtlich, dass Brillen allein nicht mehr halfen und ich begann mit Lupen, Monokular und Lesegerät zu arbeiten, was in meiner häuslichen Umgebung auch gut ging, mir aber außerhalb des Hauses nichts half. Ganz deutlich wurde mir die Sehbehinderung bei Lichtwechsel von hell zu dunkel und überhaupt an dunklen Tagen. Durch die Einschränkung des Gesichtsfeldes wurde ich im Straßenverkehr zunehmend unsicherer und war immer häufiger auf die Hilfe anderer angewiesen, was meine eigentlich positive Denkweise doch zeitweise beeinträchtigte.

Glücklicherweise stieß ich bei meinem neuen Augenarzt damit auf großes Verständnis und erfuhr so erstmals von der Möglichkeit eines Orientierungs- und Mobilitätstrainings. Nach der Genehmigung durch die Krankenkasse nehme ich nun bei Frau Scheidler daran teil. Ziel ist, durch den Gebrauch eines weißen Langstockes, meine Sehbeeinträchtigungen so weit als möglich auszugleichen und vor allem auch als Verkehrsschutzzeichen zu nutzen. Bisher hatte ich Nordic-Walking-Stöcke zur Sicherheit benutzt, die aber natürlich fälschlicherweise als Vortäuschung von Sportlichkeit betrachtet wurden. Der Langstock bietet mir nun doch besseren Schutz.

Während der Schulung stellte ich auch eine zunehmende Sensibilisierung der Sinne fest, die es mir ermöglicht, viele Umweltinformationen auch mit der Sehbehinderung bewusster wahrzunehmen. Auch wurde die Benutzung optischer Sehhilfen, wie in meinem Fall des Monokulars geschult.

Meine anfängliche Skepsis, ja eigentlich innere Ablehnung wurde durch Frau Scheidlers Schulung schnell abgebaut, die mir verständnisvoll und schnell vermittelte, dass es mir nur Vorteile bringt.

Sicherlich macht kein früher sehr aktiver Mensch seine Behinderung gerne für andere sichtbar, aber ebenso sicher ist niemand gerne vollständig von anderen abhängig. Diese Möglichkeit hat mir dieses Training eröffnet.

Es gäbe noch viele positive Dinge zu berichten, aber sicherlich wird jeder Teilnehmer an dieser Schulung seine eigenen Schwerpunkte setzen. Letztendlich kann ich nur jedem dazu raten, seine Hemmschwelle zu überwinden und von der Möglichkeit des Trainings Gebrauch zu machen.

Walter K.

Eigentlich dachte ich, dass mir nur noch andere Geschichten aus dem Alltag erzählen….

Als ich mit dem Mobilitätstraining begann, war ich bereits über zehn Jahre vollblind – ohne Sehrest – und zudem noch stark hörgeschädigt. Ich lebte sehr zurückgezogen und traute mir ohne Begleitung nichts mehr zu.

Heute bin ich überrascht, was man mit einem guten Blindenstock, guten Digitalhörgeräten und einem Hindernismelder so alles allein unternehmen kann.

Die ersten zehn Stunden des Trainings verbrachte ich im Treppenhaus und Flur einer öffentlichen Schule. Hier lernte ich die Handhabung und den Umgang mit dem Blindenlangstock sowie gradliniges Laufen. Durch Handfühlen an den Wänden, Tasten mit dem Stock und konzentriertes Hinhören, sollte ich versuchen zu erkennen, ob ich mich in einem Raum oder auf dem Gang befand. Dann kam das Auf und Abgehen von Treppen mit dem Blindenlangstock, ohne sich hierbei am Treppengeländer festzuhalten. Vom Eingang aus zum Ziel finden und wieder aus dem Gebäude hinausfinden, war für mich auch nicht ganz einfach zu bewältigen.

Die nächsten Trainingsstunden verbrachte ich auf den Gehwegen einer ruhigen Wohngegend in Ravensburg. Zwischenzeitlich ausgestattet mit zwei guten Digitalhörgeräten aus der mittleren Preisklasse lernte ich das Laufen auf Gehwegen. Musste versuchen zu erfassen, ob das Absenken des Weges eine Zufahrt zu einem Grundstück ist oder das Ende des Gehweges bedeutet. Ich lernte Straßen zu überqueren, auch wenn sich mal Hindernisse vor mir auftaten. Beim Abschluss dieser Etappe konnte ich eine Acht um Häusergruppen laufen und zum Ausgangspunkt zurückfinden.

Im dritten Abschnitt dieses Trainingsprogramms war selbstständiges Fahren mit dem Bus und zurücklegen des Weges von Fenken nach Schlier und umgekehrt angesagt. Ich hätte nie geglaubt, dass ich auf Grund meines schlechten Hörens noch ohne Begleitung mit dem Bus fahren kann. Aber weil es nette und freundliche Busfahrer gibt, schaffe ich diese Angelegenheit nun schon ganz gut.

Bei der vierten Etappe machte ich in Begleitung meiner Mobilitätstrainerin die von Fenken aus zwei Kilometer entfernte Ortschaft Schlier unsicher. Hier lernte ich von der Bushaltestelle aus zur Praxis meines Hausarztes zu finden, in der Praxis finde ich bis zur Anmelderezeption und ins Wartezimmer. Ich probierte selbständiges Einkaufen in der Bäckerei und Metzgerei aus. Bei der Poststelle und bei meinem Geldinstitut finde ich bis zum Schalter. Muss ich auf dem Rathaus mal was erledigen, kenne ich den Weg bis zum Zimmer der Anmeldung von wo aus ich denke, dass mir weitergeholfen wird.

Für mich die fünfte und letzte Etappe sind noch ein paar Anlaufstellen in der Stadt Ravensburg. Hier kenn ich den Weg zum Geschäft meines Akustikers. Ich kann in einer Apotheke und in einer Bäckerei Einkäufe tätigen. Zudem kann ich allein zum Zahnarzt gehen. Natürlich geht all dies nur, weil meine Hörgeräte gut funktionieren.

Ich bedanke mich bei allen, die mir dieses Training ermöglichten und mich dabei unterstützten. Aber auch allen denjenigen, die mich auf der Straße ansprechen und fragen, ob sie mir helfen können. Sie sind es, die mich heute veranlassen, in der Familienrunde oder im Freundeskreis auch mal wieder eine Geschichte aus meinem Alltag zu erzählen.

M.